Die Verbrennung von Schwarzpulver:


Eigenschaften des Schwarzpulvers

Entzündlichkeit: Schon kleinste Funken minimaler Energie reichen zur Zündung aus. Gegen elektrische Entladungen ist Schwarzpulver allerdings relativ unempfindlich. Es erzeugt aufgrund seines Feststoffgehalts große, langziehende Flammbilder.
Der Zündpunkt von Schwarzpulver beträgt 300-360°C und liegt damit fast doppelt so hoch wie der von Nitrocellulouse.
Schwarzpulver erzeugt einen relativ langsamen Druckaufbau, da sich seine lineare Abbrandgeschwindigkeit mit dem Druck nur langsam einem Maximalwert zustrebt(1). Dies ist durch seinen hohen Feststoffgehalt (56%) bedingt, der auch die zur Verfügung stehende Gasmenge (44% = 280-360ml/g (0°C, 101,32hPa)) begrenzt.

Verbrennungsformel nach Kast:

74 KNO3 + 30 S + 16 C6H2O (Holzkohle) ->

56 CO2 + 14 CO + 3 CH4 + 2 H2S + 4 H2 + 35 N2 + 19 K2CO3 + 7 K2SO4 + 2 K2S + 8 K2S2O3 + 2 KCNS + (NH4)2CO3 + C + S

Die Feststoffe (Schlacken) sind hier dunkelgrau dargestellt, die Gase hellblau. Berechnet man mit den Molmassen die Gewichtsanteile der Reaktion, so erhält man die oben angegebenen Relationen. Berechnet man die freie Reaktionenthalpie (Thermodynamik) der Reaktion, erhält man mit guter Übereinstimmung mit der Realität eine "Verbrennungsenergie" von 2,8kJ/g. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass diese Formel nur nährungsweise stimmt, da zum Beispiel das Hirschhornsalz, thermisch instabil ist und schon bei Raumtemperatur in Ammoniak und CO2 zerfällt. Bei den hohen Temperaturen nach der Verbrennung ist es praktisch nicht nachzuweisen, sondern bildet sich erst im anschlss der Reaktion beim Abkühlen der Primärprodukte.

Da nur durch Expansionsarbeit die entstehende Energie in Arbeit umgestezt werden kann, ist seine Leistung wesentlich geringer als die moderner Treibladungsmittel ohne Feststoffanteil, obwohl seine Verbrennungswärme größer ist (2,4-3,4kJ/g). Der Hauptteil seiner Energie wird also zur Aufheizung der Schlacken verbraucht
Diese Schlacken(2) bewirken die Unveränderlichkeit der Abbrandgeschwindigkeit durch Aufnahme eines großen Anteils der Verbrennungswärme und durch physikalische Hemmung der Reaktion, da die entstehende Schlackeschicht mit steigendem Druck dicker wird. Die lineare Brenngeschwindigkeit von Schwarzpulver beträgt 8-10cm/s, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der entstehenden Gase liegt zwischen 80m/s und 600m/s und seine Explosionstemperatur bei 2000-2200°C.

Lineare Abbrandgeschindigkeit: Die Fortpflanzung der Verbrennung im Material ("Korn") selber: Hier ein mit Schwarzpulver gefülltes Papprohr mit 10cm Länge. Bei einer lineare Abbrandgeschindigkeit von 10cm/s zeigt fig a bis d die Pulversäule nach der Anzündung 0s, 0.25s, 0.5s und 0.75s. Die lineare Abbrandgeschindigkeit liegt weit unter der Ausbreitungsgeschwindigkeit!!!

Der Vorgang der Verbrennung von Schwarzpulver:

Der Vorgang der Verbrennung von Schwarzpulver umfasst drei Schritte:

  1. Die Anzündung:

Die Entflammung geschieht an der Oberfläche des Pulverkorns. Die entstehenden Verbrennungsgase entweichen durch die Beiwege und setzten die Oberfläche des restlichen Pulvers in Brand. Dieser Vorgang setzt sich mit bis zu 600m/s in alle Richtungen fort und kann für kleine Brennräume als instant angenommen werden.

Allerdings wird bei zu geringer Korngröße die Luftstromkapazität (etwa quadratische Abhängigkeit von der Korngröße) zu klein, um die Anzündung weiterzuleiten. Das Pulver wird dann in Abbranndrichtung komprimiert und brennt nur noch an einer Grenzschicht. Der Massedurchsatz geht dann stark zurück und wird extrem druckabhängig, stark verdämmte Pulver können also feiner gekörnt werden, um das Wirkungsmaximum zu erreichen. Das gleiche gilt für Pulvergemische verschiedener Korngrößen: Die kleineren Körner verstopfen gleichsam die Kanäle des groben Pulvergemisches. Die Entflammung kann also nicht so schnell und gleichmäßig ablaufen.

  1. Der Abbrand: Die Abbrandgeschwindigkeit ist abhängig von der Korngröße, je kleiner die Körner, desto geringer die Schichtdicke und desto schneller die Umsetztung. Der Abbrand bedeutet, dass von der Oberfläche des brennenden Korns sich die Umsetzung lotrecht zu dieser ausbreitet. Triebkraft ist die bei der Reaktion freiwerdende Hitze, die auf die Oberfläche strahlt und Grenzschicht des Schwarzplvers so weit aufheitzt, dass die Reaktion beginnt. Die äußerste Schwarzplverschicht wird nun so schnell stark aufgeheizt, dass der Salpeter dieser Schicht verpuffungsähnlich zerstäubt. Dabei zerfällt der Salpeter in Sauerstoff und viele verschiedene Reaktionsprodukte, die Kohle/Schwefelanteile werden fein verteilt freigesetzt und reagieren sofort ab. Je feiner die Brennstoffe aufgemahlen sind, desto schneller ist Umsetzung. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Reaktion im Stoff selber ausbreitet, wird auch "lineare Abbrandgeschwindigkeit" genannt. Diese ist nicht sonderlich gross und liegt bei Schwarzpulver je nach Kohleanteil bei 0,3-10cm pro Sekunde bei Normaldruck, kann aber bis 25cm bei hohem Druck ansteigen.

  2. Das Erlöschen: Sobald die Schichtdicke null wird, erlischt das Korn. Die Reaktionen der Gase und flüssigen Salze in der Wirbelschicht, beispielsweise im Lauf, gehen dagegen noch weiter.

 

Es werden nun zwei Körnungen eines Schwarzpulvers mit einer Korndichte von 1,7mg/mm3 mitteinander verglichen:

  • ein 1mm (0,5mm Schichtdicke, Volumen: 0,523mm3 , Korngewicht: 0,89mg) und
  • ein 8mm (4mm Schichtdicke, Volumen:268mm3 , Korngewicht: 455mg) durchmessendes Sprengpulverkorn.

Bei einer linearen Abbrandgeschwindigkeit von 10cm/s verbrennt:

  • ersteres in 5ms,
  • letzteres in 40ms.

Wenn nach 5ms das feine Pulver bereits verbrannt ist, besitzt das große Korn noch einen Durchmesser von 7mm und einen Rauminhalt von 179,5mm3 und wiegt noch etwa 306mg, ist also noch zu ca 67% unverbrannt. Man sieht, daß das feine Pulver in diesem Zeitraum etwa den dreifachen Druck zu erzeugen vermag. Siehe bitte auch Schaubild am Ende der Seite.

Mit den obigen Erkenntnissen wollen wir nun den Vorgang der Verbrennung etwas näher betrachten, um die Bedingungen seines Abbrandes genauer abzuschätzen:

Es seien 2 Bohrlöcher mit Schwarzpulver zu je 8cm Durchmesser und 20cm Länge gefüllt, ihr Volumen beträgt je ein Liter. Das erste wird mit 1,5kg Sprengpulver 8 (8mm) und das andere mit 1,5kg Sprengpulver 1 (1mm). Beide werden mit einer aushärtenden Masse dicht verschlossen und elektrisch gezündet. Bei beiden breitet sich die Zündung mit einer Geschwingkeit von 400m/s aus. Der Zünder sitzt jeweils in der Mitte der Ladung, also bertägt die Entfernung zum Rand des Bohlochs 4cm, die Entfernung zu den Enden der zylindrischen Brennkammer je 10cm. Das heisst also, dass die Ausbreitung der Verbrennung zu den Zylinderwänden je 0,1ms benötigt, die Pulverschichten an den Enden der Ladung werden nach 0,25ms erreicht. Bei beiden Kornsorten sind die Körner in der Mitte der Ladung also im Durchmesser schon 0,05mm abgebrannt (geschrumpft) , die Schichtdicke hat um 0,025mm abgenommen.

Das SP8 ist nach 5ms um eine Schichtdicke von 0,5mm abgebrannt, es sind noch 1kg unverbrannt, 0,5kg sind bereits umgesetzt. Zu Gas reagieren davon 44%, es entstehen also 220g Gas. Im Nomalzustand (Raumtemperatur) hätte dieses ein Volmen von 150l, also dem 450fachen des durch seine Verbrennung freigewordenen Raumanteils. Das entspräche einen Druck von 450 Atmosphären, also würde jeder Quadratzentimeter des Gesteins mit einer Kraft von 450kg nach außen gedrückt. Allerdings herscht im Bohrloch nun eine Temperatur von 2000°C. Das hat zur Folge, das sich das Gas im Normalfall auf ein Volumen von 1150l ausdehnen würde, was es im Bohloch natürlich nicht kann. Deshalb steigt der Druck auf 3450bar an, pro Quadratzentimeter wirkt also eine Kraft von 3,45 Tonnen nach außen. Dieser gewaltige Druck reicht nun aus, natürliche Risse im Gestein zu erweitern und Risse zu erzeugen. Die nächsten 35ms strömen dann Verbrennungsgase in die neu entstandenen Hohlräume und wirken dort auf die neuen Grenzflächen.

Das SP1 ist nach dieser Zeit bereits vollständig verbrannt, da genau die dreifache Masse abreagiert hat, gelten alle oben gemachten Berechnungen analog, mit dem Faktor 3 multipliziert. Der Druck in der Bohrkammer würde also wesentlich schneller erreicht werden, allerdings den obigen Wert von 3450bar nicht übersteigen, da pro Volumen die gleiche Menge Gas und Energie entstehen. Da aber dem dreifachen der Gasmenge bei der gleichen Temperatur auch das Dreifache an Platz zur Verfügung steht, ist der Druck also gleich.

Beim SP8 wirkt der Druck allerdings 40ms, beim SP1 nur 5ms auf das Gestein ein, gesetzt den Fall, die Bohrkammer bliebe jeweils bis Ende des Abbrandes stabil. Dies ist aber nicht so, bereits bei 1000bar fängt das umgebende Material an, sich zu setzten. Dabei vergrößert sich das Volumen der Brennkammer. Das Ziel bei der Wahl einer geeigneten Körnung ist nun, das die Verbrennung gleichmäßig mit der Vergrößerung des Volumens abläuft. Dabei ist die Vergrößerung abhängig vom Material, je härter dies ist, desto langsamer ist die Aufweitung. Deshalb wird bei harten Gesteinen ein Pulver geringer Korngröße gewählt, das schnell einen hohen Druck aufbaut.

Weiten sich die die Bohrlöcher während der ersten 5ms nämlich auf das dreifache ihres Ausgangsvolumens (3l) auf, so erreicht SP8 nach 5ms einen Druck von 494bar, das SP1 dagegen 1150bar. Diese 1150bar sind der Maximalwert, mehr Druck wird nicht erreicht und er fällt dann schnell wieder ab, da nach Beendigung der Verbrennung die Temperatur durch Expansions-arbeit der Gase und Kühlung durch Konvektion rasch absinkt. Hat der Hohlraum nach 40ms ein Volumen von 45l erreicht, erzeugt das SP8 bei einer Temperatur von 1800°C noch einen Druck von 700bar, das SP1 bei 1100°C dagegen nur noch 400bar.

Das grobe Pulver hält also einen geringeren Druck länger aufrecht, weshalb es für weiche Gesteine besser geeignet ist als feines Pulver. Das feine dagegen wird in harten Gesteinen angewendet, es schiebt weniger lang, aber dafür stärker.

Dies gilt auch für Anwendungen als Treibmittel für Geschosse: Ein feines Pulver erreicht schnell einen hohen Druck, allerdings nur für kurze Zeit, da er sehr schnell wieder abfällt, wehalb für kleine, leichte Geschosse ein feines, für große, schwere dagegen ein grobes Pulver verwendet wird.


(1) Die Nitrocellulose-Treibmitt

el sind sehr stark druckabhängig, bei Normaldruck bren

nen sie nur sehr viel langsamer, unter gutem Einschluss aber sehr viel schneller als Schwarzpulver. Da sie sowieso mehr Gas erzeugen, kann man den Druck viel höher treiben als mit Schwarzpulver.

(2)In der Pyrotechnik sind die entstehenden heißen Schlacken allerdings von größtem Vorteil, da sie andere pyrotechnische Sätze mit großer Zuverlässigkeit entzünden. Hier ist auch die relativ druckunabhängige lineare Abbrandgeschwindigkeit von Vorteil, da das Pulver auch bei geringen Drücken schnell abbrennt. Organische Treibladungspulver würden bei den geringen Drücken erlöschen oder in eine Verbrennung übergehen.


 

Körnung 8mm

Körnung 7mm

Körnung 6mm

Körnung 5mm

Körnung 4mm

Körnung 3mm

Körnung 2mm

Körnung 1mm

 

Zeit nach
Anzündung

0ms

5ms

10ms

15ms

20ms

25ms

30ms

35ms