Die Salpetergewinnung vergangener Zeiten:

 

Anfänglich wurde Salpeter aus Italien (Sizilien) via Venedig importiert, als sich aber die Qualität verschlechterte und die Preise stiegen, ging man dazu über, den Salpeter aus der Erde zu laugen.

Mit der Viehzucht fallen in jeder Hochkultur große Mengen an Tierfäkalien an. Diese wurden und werden immer noch in Mistgruben entsorgt und gegen Geruch meist mit Asche bedeckt. Aus dem bakteriellen Abbau der organischen Stickstoffverbindungen der Fäkalien entstehen die Nitrate.

Das Kaliumkarbonat der Holzasche ergibt mit dem aus der Gülle gebildetem Nitrat den Salpeter, das Kaliumnitrat. Dies unterscheidet sich von den ursprünglich im Mist gebildeten Nitraten durch seine Wasserlöslichkeit: Kaliumnitrat löst sich in heißem Wasser viel besser als in kaltem, bei 100°C lösen sich in 100g Wasser ca 250g Kaliumnitrat, kaltes Wasser dagegen löst nur 40g pro 100ml.

Dieses Phänomen führte dazu, daß sich in gemauerten Mistgruben am Tag viel Salpeter auflöste und mit als Lösung die Wände hinaufdiffundieren konnte. Bei fallenden Temperaturen kristallisierte dann eine dünne Schicht Salpeter an den Wänden der Dunggruben aus. Durch ständige Wiederholung des Vorgangs konnten sich so erhebliche Mengen Salpeter abscheiden. Beim Auflösen Kristalle in Wasser wurde dann zwangsläufig die Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit beobachtet und zur Reinigung des Salpeters verwendet.Es ist nicht zu klären, wo die brandfördernden Eigenschaften des Salpeters zuerst beobachtet wurden, da mit der Seßhaftigkeit und Viehzucht praktisch überall Salpeter potentiell verfügbar war. Diese Entdeckung könnte also auch in Gegenden gemacht worden sein, in denen kein gediegener Salpeter zur Verfügung stand.

 

Bakterien bauen die in tierischen Exkementen enthaltenen Stickstoffanteile durch Oxidation zum Nitrat um. Sie gewinnen darduch Energie, ähnlich wie der Mensch Kohlenstoff zu Kohlendioxid verbrennt. Bei ungemauerten Mistgruben oder Halden reichert sich der Salpeter in der Erde unter der Grube oder Halde an: Durch Abtragen der Erde und Auskochen lässt sich eine Nitratlösung gewinnen.

Im 17Jh waren die Übergriffe der Salpeterstecher insbesondere in England sehr gefürchtet, da sie das königliche Recht hatten, überall nach Belieben nach Salpeter zu graben.





 

 

Die Nitratlösung oder die mit Wasser versetzte Erde aus Ställen oder Mistgruben wird in großen "Ständen" auf Holzasche gegeben. Die unten austretende "Lauge" wird einige Male in den "Stand" zurückgegeben, um sich vollständig mit Kalisalpeter anzureichern. In diesem Prozess bildet sich aus den Kalium-Ionen der Holzasche und den Nitrat-Ionen der Abbauprodukte des organischen Materials das Salz "Kaliumnitrat".

Dieser Schritt ist also als eigentlicher Syntheseschritt aufzufassen.

Die erhaltene Lauge enthält nur einige Prozent Salpeter. Um diesen zu erhalten, wird die "Ur"-Lauge stark eingedampft, bis der Salpeter ausfällt. Dann wird abkühlen gelassen, wobei noch große Mengen Salpeter ausfallen. Der Rest der Lauge wird dann verworfen.  Der ausgefallene, noch stark verunreinigte Salpeter wird mit Zusätzen aus Eisweiss und Alaun wieder aufgelöst und gekocht, wobei sich die Verunreinigungen als Schaum auf der Oberfläche absetzten. Der Schaum wird abgetrennt und die Salpeterlösung bis zur Trockenheit eingedampft.
Der Salpeter ist nun hinreichend zur Verwendung in der Feuerwerkerei gereinigt.

Zur großstabsmäßigen Erzeugung wurden die tierischen Abfälle auf großen Halden gesammelt, gelagert und nach einiger Zeit die Erde unter den Halden ausgelaugt und mit Pottasche zum Salpeter umgesetzt.

Nach und nach wurden die größeren natürlichen Vorkommen systematisch abgebaut. Der intensivste Abbau fand in den großen natürlichen Vorkommen in Chile statt, besonders im 19.Jh zur Herstellung von Kalisalpeter und Düngemitteln.

Mitte des 19.Jh stieg die Nachfrage nach Salpetersäure zur Nitrierung von Baumwolle, Glycerin und Phenol zur Sprengstoffherstellung rapide an. Derselbe Sprung fand Anfang des 20.Jh statt. Die natürlichen Reserven reichten bald nicht mehr aus zur Deckung der Nachfrage, was mit rapidem Preisanstieg einherging. Der weite und teure Schiffstransport des Rohstoffs und die zeitweise mangelnde Verfügbarkeit auf dem Europäischen Festland führte erst Anfang des 20.Jh zur Entwicklung eines technischen Verfahrens zur Salpeterherstellung.



Salpeterherstellung heute:

Grundlage der heutigen Herstellung ist diese Ammoniakverbrennung, die Umsetzung von Ammoniak mit Luft zu Stickstoffoxiden. Diese bilden mit Wasser Salpetersäure und Salpeterige Säure, wovon erstere dann mit Kalilauge (praktisch überall frei verfügbar) zum Kaliumnitrat umgesetzt wird. Andere Salpetersorten wie Strontiumnitrat, Bariumnitrat, Natriumnitrat, Ammoniumnitrat werden analog hergestellt. Dieses Verfahren wurde vom deutschen Chemiker Wilhelm Ostwald erfunden und ist nach ihm benannt.

Der Katalysator ist in neueren Methoden ein sehr dünnes Platinnetz, durch das mit hoher Geschwindigkeit die Ammoniak-Luft Mischung gepresst wird. Das Problem hierbei ist die notwendige, rasche Abkühlung der Reaktionsgase, da unter den Bedingungen der Reaktion das gebildete Stickstoffoxid wieder zu Stickstoff und Sauerstoff zerfällt.

Das gewünschte Nitrat wird nun nach folgenden Reaktionen gebildet:

  1. am Katalysator verbrennt Ammoniak zu Stickoxid:
    4 NH3 + 5 O2 -> 4 NO + 6 H2O + 906,11kJ
  2. dieses reagiert mit Luftsauerstoff zu Stickstoffdioxid:
    NO + 0,5 O2 -> NO2 + 57,11kJ
  3. welches dann dimerisiert:
    2 NO2 -> N2O4 + 57,23kJ
  4. das Distickstickstofftretroxid wird dann in Rieseltürmen mit Wasser umgesetzt:
    N2O4 + H2O -> HNO2 + HNO3
  5. die entstehende Salpeterige Säure setzt sich mit Luftsauerstoff zur Salpetersäure um:
    HNO2 + 0,5 O2 -> HNO3 (schematisch)

so dass man schliesslich zur Salpetersäure kommt, welche mit Kalken zu den pyrotechnisch wichtigen Nitraten umgesetzt wird. Im wesentlichen läuft der Prozess also exakt analog zu den Vorgängen in der Natur, in denen Bakterien die stickstoffhaltigen organischen Verbindungen zum Nitrat oxidieren, um die freiwerdende Energie (in diesem Fall ca 330kJ / mol NH3!!!) und die Protonen der Salpetersäure zum Lebensunterhalt zu gebrauchen.

 

Das Haber-Bosch Verfahren dient zur Herstellung des notwendigen Ammoniaks zur Salpetersäureherstellung. Vor Einführung des Verfahrens wurde Ammoniak hauptsächlich als Nebenprodukt der Kokerei gewonnen. Es war deshalb zwar relativ preiswert, aber nur in begrenzten Mengen verfügbar, da der Jahresdurchsatz durch den Koksverbrauch limitiert wurde.

Das Haber-Bosch Verfahren setzt Wasser- und Stickstoff bei 500°C und 200bar zu einem Umsatz von 11% um, der Ammoniak wird abgetrennt und das Restgas ohne Dekompression im Kreislauf zurückgeführt. Die exotherme Reaktion setzt genug Energie frei, um das Verfahren ohne äußere Heizung durchzuführen.

Der Katalysator besteht nicht mehr im ursprünglich verwendetem Osmium, sondern aus promotiertem Eisenoxid, das mit geringen Mengen Aluminium-, Kalium und Calciumoxid dotiert ist.

Erst mit der Ammoniaksynthese aus den Elementen waren Dünge- und Sprengmittel in unbegrenzter Menge verfügbar.